Vätternrundan – Teil 2

Das letzte Drittel

Nach Hjo müssen wir erkennen, wie schnell man auf dem Rad sein kann. Mehrere »D-Züge« rasen im wahrsten Sinne des Wortes an uns vorbei. An den Startnummern erkennt man die Startzeit. Und die Fahrer, die da an uns vorbei fahren, starteten 7 bis 8 Stunden nach uns.

Mittlerweile habe ich aber Schmerzen im linken Knie und ich entscheide mich in Karlsborg, der nächsten Station, mal zum Sanitätszelt zu gehen. Dort erwartet mich der Weihnachtsmann. Ja, der Medizinmann sieht so aus – rote Bekleidung und ein langer, weißer Rauschebart. Leider habe ich jetzt nicht meine Kamera dabei. Ich will eigentlich nur etwas zum Kühlen. Er empfiehlt mir aber, dass er zunächst mein Bein massiert, damit es besser durchblutet und die Stelle am Knie erwärmt wird. OK, er hat recht! Es wirkt tatsächlich. Allerdings nicht lange! Schon vor der nächsten Station in Boviken sind die Schmerzen wieder da. Nun gut, es muss weitergehen. Meine Le­bens­ge­fähr­tin fragt mich, ob ich weiterfahren oder aufhören will. Nein, aufhören will ich nicht! Die Rundan war ein Traum von mir, den lasse ich mir vom Schmerz nicht vermiesen. Es sind ja auch nur noch 70 km.

Es ist aber auch die Zeit, in der man feststellt, dass man nur noch die gleichen Mitstreiter antrifft. Da ist eine ältere Frau, die man immer wieder telefonieren sieht, ein Pärchen, bei dem er ihr hilft, die Rundfahrt zu überstehen oder eine junge Frau, die auch irgendwann ihr eigenes Tempo gefunden hat und deshalb alleine fährt. Spätestens an jeder folgenden Station sieht man sich wieder und grüßt sich.

In Hammarsundet ist die vorletzte Station. Vorher muss man noch eine beeindruckende Brücke, die Stora Hammarsundet Bron, am Nordrand des Vättern überqueren. Es ist jetzt gegen 19:30 Uhr und wir müssen uns jetzt doch einmal bei Ines von Schulz-Reisen melden, damit wir später am Abend in Motala abgeholt werden. Es sind noch 40 km, also ohne Pause etwa noch 2 Stunden. Zu dieser Uhrzeit sieht man auch, dass die Stationen langsam abgebaut werden. Aber keine Angst, es gibt noch genügend Verpflegung. Genau so sieht es auch an der letzten Station in Medevi aus.

Mit Schmerzen im Knie ging fahre ich die letzten Kilometer. Wir einigen uns darauf, dass ich erst einmal allein weiter fahre, weil ich merkte, dass ich schneller treten muss, um die Schmerzen nicht ganz so heftig zu spüren. Die Strecke ist ja gut ausgeschildert. Mittlerweile ist es nach 21 Uhr und noch immer kommen Anfeuerungsrufe vom Streckenrand, teilweise mitten im Wald. Etwa 5 km vor dem Ziel wartete ich auf meine Le­bens­ge­fähr­tin und wir fahren gemeinsam um 22:12 Uhr glücklich über die Ziellinie in Motala. Kurz dahinter wird uns gleich die Medaille überreicht. Im Ziel werden auch wir, obwohl zu den letzten Ankömmlingen gehörend, dennoch herzlich begrüßt – sogar mit Namen. Das ist der Vorteil, wenn man nicht im großen Pulk ankommt.

Nach mehr als 20 Stunden haben wir also die 300 km geschafft. Wir haben alle Verpflegungsstationen angesteuert und unsere reine Fahrzeit beträgt 14 h 37 min, der Schnitt also 20,5km/h. Im Ziel möchten wir noch ein Souvenir von der Vätternrundan kaufen. (Ich empfand es als schlechtes Omen, wenn man es schon am Tag vor der Fahrt kauft.) Wir entscheiden uns für ein T-Shirt und ein Multifunktionstuch mit entsprechendem Aufdruck. Die Verkäuferin erlässt uns sogar die Hälfte des Preises dafür, dass wir uns 20 Stunden durchgekämpft haben. Ich schwöre: ihre Worte! Zwischenzeitlich schickt sie sogar noch einen Mitarbeiter auf die Suche nach den letzten Verpflegungsstationen in Motala. Die Schweden sind ein sehr freundliches Volk. Nachdem wir unsere Schulz-Crew informiert haben, holen wir unsere Zielverpflegung ab. Dort treffen wir auch unsere immer wiederkehrenden Mitstreiter wieder und wir beglückwünschten uns gegenseitig. Auf die Frage, ob wir nächstes Jahr wiederkommen, kann ich in diesem Moment erst einmal nur mit »vielleicht« antworten. Und wir lernen im Ziel auch einen »Veteran« kennen, der zum 25. Mal teilnahm. Nach seinem Alter habe ich nicht gefragt, aber den 75. Geburtstag hatte er bestimmt schon hinter sich gelassen. Nach unserer Stärkung gehen wir zum Depot, wo unsere abgegebenen Sachen liegen. Fünf Minuten später sitzen wir im Schulz-Bus und fahren zurück ins Quartier nach Ljungsbro. Ich kann in dieser Nacht sehr gut schlafen.

Die Rückreise

Am nächsten Tag geht es schon wieder zurück nach Deutschland. Schön finde ich, dass wir einen längeren Aufenthalt in Malmö haben. Am Montag Nachmittag sind wir wieder Zuhause. Die gleiche Strecke, nur in umgekehrter Reihenfolge – Bus bis Dresden, Zug Dresden-Leipzig-Gera.

Fazit

Ich selbst habe auf der Tour fasst 15500 kcal verbraucht. Mein Durchschnittspuls lag bei 132 Schlägen und ich habe noch nie so viele Bananen an einem Tag gegessen.
Wir fuhren durch eine wirklich wunderschöne schwedische Landschaft, haben uns vom Streckenrand anfeuern lassen, sind mit Mitstreitern ins Gespräch und nahe an unsere Leistungsgrenze gekommen. Wir haben einen anstrengenden, aber grandiosen Tag erlebt, der so geworden ist, wie wir ihn uns vorgestellt haben. Und wir werden wiederkommen – nach Schweden sowieso, aber auch zur Vätternrundan. Wahrscheinlich nicht schon 2014, vielleicht aber zur Jubiläumsrundfahrt 2015.

Ach ja, bevor ich es vergesse: Schulz Aktiv Reisen waren der perfekte Organisator und Begleiter. Danke noch einmal an unsere Reiseleitung Ines und Tino und unsere Busfahrer Heidi und Mike.

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